Die wechselvolle Geschichte der Stadt Germersheim – vor allem geprägt durch Kriege in dieser grenznahen Region und das Militär – zeigt sich auch und besonders in der katholischen Pfarrkirche St. Jakobus. Viele unterschiedliche Baustile vereinen sich hier. Wer in der Stadt das Sagen hatte, verwirklichte sich hier: die Kurfürsten der Pfalz, die Franzosen, schließlich die Bayern. Kriege und Revolutionen hinterließen ebenso ihre Spuren. Ursprünglich handelte es sich bei der Kirche um eine Bettelordenskirche mit langgezogenem Chor und dreischiffigem Langhaus mit sechs Jochen.
Die Germersheimer Kirche zählt zu den ältesten Gotteshäusern in der Region
1090 | Germersheim erstmals urkundlich erwähnt |
1276 | Germersheim wird freie Reichsstadt |
1280 | Burgkapelle St. Jakobus erwähnt |
1298 | ein Servitenkloster wird genannt |
1360 | der Kaiser gibt die Pfarrseelsorge in die Hand der Serviten |
1450 | etwa beginnt Bau einer neuen Kirche |
1556 | führt Kurfürst Ottheinrich die Reformation ein, die gesamte Kurpfalz wird evangelisch |
1622 | erstmals wieder katholischer Gottesdienst erlaubt |
1674 | Zerstörung von Stadt und Kirche durch die Franzosen |
1682 | Germersheim wird französisch und somit katholisch |
1684 | Wiederaufbau der Kirche |
1697 | Germersheim gehört wieder zur Kurpfalz |
1699 | der Franziskanerorden lässt sich in der Stadt nieder |
1703 | erhalten die Franziskaner die Pfarrseelsorge, sie sind auch für Sondernheim und Lingenfeld Seelsorger |
1756 | Kurfürst Carl-Theodor gründet das Franziskaner-Kloster |
1793 | erreicht die franz. Revolution Germersheim, die Mönche werden vertrieben |
1801 | kommt die bisher zu Speyer gehörende Pfarrei ans Bistum Mainz, Germersheim ist bis 1813 französisch |
1817 | wird die Pfarrei dem neu gegründeten Bistum Speyer zugeordnet |
1834 | beginnt der Bau der Bundesfestung Germersheim |
1861 | der Festungsbau ist beendet, der Bau des Kirchturms beginnt |
1867 | wird die Filialgemeinde Sondernheim selbständige Pfarrei |
1897 | eine mehrjährige Renovierung beginnt |
1920 | wird Eugen Sauer Pfarrer |
1945 | nimmt der Kirchturm im Kriegsgeschehen schwere Schäden |
1957 | stirbt der verdiente Geistl. Rat Sauer |
1976 | umfangreiche Kirchenrenovierung |
1977 | Altarweihe (10.7.) und Wieder-Indienstnahme der Kirche |
Die Germersheimer St. Jakobus-Kirche ist integriert in eine größere Klosteranlage der Franziskaner, die diese zwischen 1756 bis 1793 nutzten, bevor sie von französischen Revolutionstruppen vertrieben wurden. Daraufhin befand sich im heute denkmalgeschützten Areal zunächst die Militärbäckerei, zur Zeit Paul Josef Nardinis im 19. Jahrhundert eine Kaserne für bayrische Soldaten, im Dritten Reich ein Gefängnis für hohe Militärangehörige – unter anderem war hier Generalleutnant Graf von Sponeck inhaftiert –, darauf im 20. Jahrhundert Kindergarten und Volksschule und (bis heute) das Pfarrzentrum. Dafür wurde das Kloster zwischen 1962 bis 1965 entsprechend umgebaut, ein drittes Obergeschoss wurde damals abgetragen. Für rund 50 Jahre wurde das Kloster anschließend auch als Studentenwohnheim genutzt. In der Zeit von 2015 bis 2017 ist das Anwesen zuletzt umfangreich renoviert und modernisiert worden, es erhielt ein neues Dach, ein Aufzug, neue Fenster und neue Haustechnik.
Erhalten sind auch der Klostergarten, der Kreuzgang und das ehemalige Refektorium, heute ist dies der Pfarrsaal. Weiter ist in den ehemaligen Kosterräumen die Verwaltung der Pfarrei, das Pastoralteam und das Pfarrsekretariat untergebracht, die Katholische Hochschulgemeinde und verschiedene Gruppen der Gemeinde St. Jakobus nutzen außerdem einzelne Räume. Mieter im Obergeschoß ist die Regionalverwaltung Germersheim/Landau des Bischöflichen Ordiniariates Speyer. Nach dem Verkauf des neueren Pfarrhauses (2016) in der Klosterstraße befindet sich nun auch die Pfarrwohnung in einem Seitengebäude des Klosters. Das ursprüngliche katholische Pfarrhaus befand sich bis 1991 neben der heutigen Stadtverwaltung (Oberamtsstraße) und beherbergt heute die Stadtkasse.
Der Kirchenplatz ist umgeben von Bäumen, malerischen Häuschen und Gässchen. Gekrönt wird der Platz von einem bronzenen Jakobus-Brunnen. Der Entwurf stammt von dem Germersheimer Bildhauer Max Pöpperl; ausgeführt wurde dieser von dem aus Römerberg stammenden Bildhauern Wolf Spitzer und Christ Präger. (Text: Christoph Herr/Hubert Mathes)
Der Chor (welcher in Richtung Osten zeigt) wurde höchstwahrscheinlich zwischen 1325 und 1330 errichtet und ist damit einer der letzten noch erhaltenen gotischen Chorräume in der Pfalz. Er besitzt ein Kreuzrippengewölbe. Hinter dem Hochaltar befinden sich drei spitzbogige Fenster mit Maßwerk und farbenprächtiger Kunstverglasung. Das jeweils an den Seitenwänden stehendes Chorgestühl soll an die einstige Bestimmung als Klosterkirche erinnern - auch, wenn es aus späterer Zeit stammt.
Der neugotisch gestaltete Hochaltar in Form eines mittelalterlichen Flügelaltares ist ein kleines Kunstwerk aus Holz: Er zeigt in der Mitte Jesus am Kreuze, darunter stehen seine Mutter Maria und der Lieblingsjünger Johannes. Um die Kreuzigungsgruppe sind in den Altarflügeln Jesaja, Daniel, Jeremia und Ezechiel abgebildet. Die Außenseiten der Flügel zeigen die Verkündigung an Maria. Gefertigt wurde das Chorgestühl und der Hochaltar von dem Bildhauer Gottfried Renn (1818-1900) um 1867.
Die KryptaDie Gruft der Franziskaner (1699-1793) wurde bei der letzten großen Kirchenrenovierung in den 70ern zufällig wiederentdeckt. Als Krypta (Unterkirche) ist sie etwas Besonderes in der Region und wird heute besonders für Kleingruppen-Gottesdienste und besondere Gebetszeiten genutzt.
Erhalten sind (rund) 55 (jetzt) leere Grabnischen und Fundstücke aus der Franziskanerzeit, u.a. ein Skapulier, das man bei Grabungen im Altarraum fand. Heute werden diese Fundstücke im Stadt- und Festungsmuseum aufbewahrt. Die Gebeine wurden unter der Gruft beigesetzt.
Klosterstraße 11
76726 Germersheim